Solidaritätslauf Aachen

Halt & Hilfe - Damit jeder Mensch von seiner Arbeit leben kann
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Kämpfer gegen Papiere und Fristen

In der Erwerbslosenberatungsstelle der Städteregion verstärken Ehrenamtliche das Beraterteam

Arbeitslosenberatung (c) Andrea Thomas
Arbeitslosenberatung
Datum:
Mi. 27. Apr. 2016
Von:
Andrea Thomas
Es gibt sicher Möglichkeiten, seine Freizeit zu verbringen, die weniger Nerven kosten und nicht so belastend sind. Ullrich Kneusels, Dieter Kehlenbach und Winfried Giesbertz arbeiten ehrenamtlich in der Erwerbslosenberatungsstelle der Städteregion Aachen – und sie tun es gerne.

Alle drei wollten nach ihrem Berufsleben etwas machen, womit sie Menschen in einer schwierigen Situation helfen können. „Mich hat die Thematik interessiert, außerdem lese ich gerne in juristischer Fachliteratur“, erklärt Ullrich Kneusels, der von Anfang an dabei ist. Seit 2005 arbeiten in den von der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) getragenen Beratungsstellen neben Hauptamtlichen auch Ehrenamtler mit. Dieter Kehlenbach und Winfried Giesbertz sind erst seit dem vergangenen Jahr dabei. „Ich hatte schon vor zehn Jahren Interesse, aber neben dem Beruf war das nicht leistbar“, sagt Winfried Giesbertz. Jetzt hat er die Zeit und setzt sie regelmäßig in der Beratung ein, um zu schauen, wie sich den Menschen am besten helfen lässt. „Man kann nicht die ganze Welt retten. Es sind die kleinen Dinge, über die man sich freut, wenn es läuft“, ergänzt Dieter Kehlenbach.

Dienstagvormittags und mittwochnachmittags kümmern sie sich abwechselnd in der Beratungsstelle am Aachener Josefsplatz um die vielfältigen Sorgen und Probleme von Erwerbslosen. Ein weiterer ehrenamtlicher Kollege organisiert und betreut den monatlichen Stammtisch für Erwerbslose, die sich selbstständig machen wollen und berät Selbstständige in Hartz IV. Für Erika Lieber als einzige Hauptamtliche, die neben der Aachener Beratungsstelle auch die in Stolberg sowie die mobile Beratung in Alsdorf und Setterich betreut, eine wertvolle Entlastung. „Ohne die Ehrenamtlichen könnten wir die Beratung in dem Umfang sonst nicht leisten“, sagt sie. Die reicht von der Prüfung von Bescheiden und Anträgen über die Hilfe bei Fragen zu Wohngeld, Grundsicherung, Ausbildungsförderung oder Kindergeld bis zur Begleitung zum Jobcenter oder Gericht. Und oft ist einfach ein offenes Ohr und Zuhören gefragt.

Die meisten, die zu ihnen kommen, seien schon von der schieren Papierflut überfordert. „Viele kommen mit einem ganzen Bündel Briefe. Das ist dann oft mühsam zu bearbeiten“, berichtet Winfried Giesbertz. „Manche Betroffene entwickeln eine regelrechte Phobie dagegen und legen die Schreiben erst mal auf die Seite, weil es sie zu sehr belastet“, sagt Ullrich Kneusels. Wenn sie dann kämen, sei es oft schon fast zu spät, weil bestimmte Fristen abliefen. Weiter erschwert werde das Ganze, sagen die Ehrenamtlichen, weil die Schreiben von den Ämtern nach wie vor nicht darauf angelegt seien, sie sofort zu verstehen. Bei Migranten kommen oft Sprachprobleme dazu.

Ein Reizthema seit Jahresanfang: die kommunalen Sätze für Wohngeld. Läge jemand auch nur ein wenig darüber, werde angeregt, er solle sich eine neue Wohnung suchen. „Die Leute drehen sich im Kreis. Sie stoßen als Hartz-IV-Empfänger bei der Wohnungssuche immer wieder auf verschlossene Türen. Zumal der Markt das zurzeit gar nicht hergibt“, sagt Ullrich Kneusels. Das Erlebte sei häufig auch für sie belastend, sind sich die drei Ehrenamtlichen einig. Sie erinnern sich an den Fall einer jungen Frau, die sie lange begleitet haben. Sie habe keine Unterstützung mehr über das Elternhaus gehabt und wäre gerne weiter zur Schule gegangen. Doch dafür habe sie keine Unterstützung bekommen, der gute Rat der Agentur für Arbeit: Sie solle sich einen Job suchen.

„Sie tragen schon eine Menge Leid auf den Schultern. Sich mit der Aussichtslosigkeit bei Job- und Wohnungssuche auseinanderzusetzen, ist nicht einfach“, sagt Erika Lieber.
Damit ihre ehrenamtlichen Mitarbeiter nicht ausbrennen, bekommen sie neben Fachliteratur und regelmäßigen Fortbildungen und Schulungen auch Supervision angeboten. Außerdem trifft sich das Team alle sechs bis acht Wochen zum Austausch. „Der ist auch für mich sehr wichtig und wertvoll“, erklärt Erika Lieber.

Informationen zu den Beratungsstellen und Sprechzeiten: www.arbeitslos-in-aachen.de.

 

Zitiert

"Man kann nicht die ganze Welt retten. Es sind die kleinen Dinge, über die man sich freut."
Dieter Kehlenbach